Schreibfehler machen ein Logo nicht unbedingt besser.
Monat: Mai 2017
Print: Tot, aber munter
Jährlich im Mai versammelt sich die europäische Medienwelt am European Newspaper Congress (ENC) in Wien – und debattiert im ehrwürdigen Rathaus-Saal über erfolgreiche Strategien für Medienhäuser. «Print ist tot», sagten da die Jungspunde. «Print lebt», bewiesen zahlreiche Referenten. Nun denn: Wer nicht am Kongress dabei sein konnte oder ihn nochmals Revue passieren lassen will – hier ist ein Rückblick in munteren Zitaten. Und wer sich lieber die Vorträge in voller Länge geben will, kann dies auf der Youtube-Seite des ENC tun.
Kreativität braucht Atmosphäre. Du kannst Kreativität nicht in vorgeschriebene Workflows giessen. Kreativität hat was mit Menschen zu tun, mit Geist. Und es hat ganz viel mit Vertrauen in Menschen zu tun.
Julia Jäkel, CEO von Gruner+Jahr, glaubt an die Macht der Kreativität und setzt bei neuen Projekten auf Hemdsärmligkeit.
Wir haben die Marketing-Onkels nicht mehr, dafür haben wir mehr Redakteure.
Gerrit Klein, CEO des Ebner-Fachverlages, findet, dass der Redaktor das beste Marketing-Tool für das Promoten seiner Stories ist.
Warum müssen Kioske immer so langweilig sein? Das kann man doch schöner machen.
Tyler Brûlé, Verleger, versteht nicht, warum Kioske immer so unsexy sind.
Es ist sehr schwierig, digital begehrlich zu glänzen, das geht mit einem gedruckten Hochglanz-Magazin besser. Hochglanz und optischer Luxus ist immer noch ein Privileg von Print. Aber hochglänziges Papier reicht nicht, es braucht mehr.
Thomas Lindner, Vorsitzender der Geschäftsführung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, hat Print noch nicht ganz aufgegeben. Mit dem Hochglanz-Magazin Frankfurter Allgemeine Quarterly (FAQ) verdient man zwar kein Geld, aber man tut es aus Freude an der Sache.
Wir müssen vor lauter Facebook und Snapchat schauen, dass auf Redaktionen noch diskutiert und debattiert wird.
Christian Lindner, Journalist, wünscht sich auf Redaktionen wieder mehr Gespräche statt Scrollen und Swipen.
Frauen haben eine 16 Prozent höhere Bounce-Rate als Männer. Frauen liefern vier Prozent weniger Page Impressions als Männer. Und Frauen haben eine kürzere Verweildauer pro Besuch als Männer.
Peter Wälty von 20 Minuten weiss ALLES über seine Online-Kundschaft – Daten sei dank.
Die Gutenberg-Praxis verglüht, wir befinden uns im Age of Screens.
Martin Zimper von der Zürcher Hochschule der Künste wünscht sich von den Redaktionen mehr gut gemachte Videobeiträge.
Als wir zum ersten Mal konstruktiven Journalismus machten, hat das nicht funktioniert, weil wir ein schlechtes Logo hatten.
Oliver Reinhard, Sächsische Zeitung, hat eingesehen, dass schlechtes Logo-Design die Relevanz des Inhalts schmälern kann.
Früher haben wir unsere Geschichten den Journalisten angeboten, mit ungewissem Ausgang. Heute machen wir sie selber. Und wir bieten sie online ohne Paywall an.
Patrick Kammerer, Director Public Affairs and Communications von Coca Cola, mag nicht mehr die Journalisten beknien. Und dass Coca Cola keine Paywall hochfährt, ist doch äusserst grosszügig.
Jeder möchte mal Trump sein und auf nichts Rücksicht nehmen müssen. Diesen geheimen Wunsch hegt jeder in sich.
Johan Vetter, Leiter Corporate Communications des Mineralölkonzerns OMV, schaut tief in die Psyche des Publikums.
Investoren lieben Geschichten, fast noch mehr als Business-Pläne.
Constantin Seibt von «Die Republik» über die Motivation von Investoren, die bereit sind, Geld für Online-Journalismus locker zu machen.
An der einen oder anderen Stelle stände uns mehr Deutungsdemut gut zu Gesicht.
Giovanni die Lorenzo, Chefredaktor Die Zeit, wünscht sich wieder mehr Nachdenken und weniger Raushauen von den Journalisten.
Fotoreportagen gehören zum selbstverständlichen Auftritt einer Zeitung. Das ist ein grosses Gebiet, wo man noch mehr machen könnte.
Norbert Küpper, Veranstalter des European Newspaper Awards, gibt den Journalisten einen Hinweis, wo visuell noch viel Potenzial brach liegt.
Unser Art Director Peter Breul hat etwas, das vielen Art Directors fehlt: Erstens liest er jeden Artikel in der Zeitung. Und zweitens beweist er in der Umsetzung von Inhalten visuelle Intelligenz.
Jürgen Kaube, Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, lobt seinen Gestaltungschef für die Sonntagszeitung in den höchsten Tönen.
There is only one lesson to remember: There is no truth. Always be ready to change.
Susanna Ilmoni, Chefredaktorin der Lokalzeitung «Hufvudstadsbladet» in Finnland, hat mit ihrer Zeitung sowohl im Print als auch online viel ausprobiert. Und ist fest entschlossen, das auch weiterhin zu tun. Mit dieser Einstellung ist das Blatt immerhin Lokalzeitung des Jahres geworden.
Wir haben den Dresscode bei Daimler nicht geändert, nur weil wir jetzt einen Blogger angestellt haben. Der Dresscode wurde schon vorher gelockert.
Jörg Howe, Leiter Globale Kommunikation bei Daimler, erklärt, dass es für seine Firma ein Kulturwechsel ist, wenn man einen Blogger einsetzt. Der interne Einfluss des Bloggers scheint aber Grenzen zu haben.
Unsere Zeitung liebt die Frauen. Und die Frauen lieben unsere Zeitung.
Christian Jensen, Chefredakteur der dänischen Zeitung Politiken, über eines der vielen Erfolgsrezepte seines Mediums. Kein Wunder, wurde der Titel zur «Europäischen Zeitung des Jahres» gewählt.
Print stirbt.
Lina Timm vom Start-up Media Lab Bayern gehört zu den «Young Professionals» und kann dem Papier nicht mehr allzuviel abgewinnen.
Zeitungen sollten nicht wie Webseiten aussehen. Und sie sollten visuell einen soliden Auftritt haben.
Ronald Ockhuysen, Chefredaktor der niederländischen «Het Parool», hat den Titel «Europäische Regionalzeitung des Jahres» ergattert. Und er hat eine klare Meinung dazu, wer im Newsroom den Ton angibt: Die Kreativabteilung.
Wir haben es einfacher als viele Andere, weil wir keine Printmarke ins Hier und Jetzt übersetzen und neu erfinden müssen.
Nora Beckershaus vom Online-Magazin Refinery29 ist Newcomerin des Jahres. Und ganz froh, dass sie sich nur auf den Online-Kanal konzentrieren muss.
In Rumänien gibt es ein Sprichwort: Die Pessimisten sagen, es kann nicht schlimmer kommen. Und die Optimisten sagen doch, es kann.
Der Chefredaktor der rumänischen Wirtschafts-Zeitschrift Economistul glaubt trotzdem, dass Print überleben wird.
Rauchen mit Ingrid
Traumhaft geschwungen
Traumstoffe, Stoffträume, Logo-Albtraum.
Schräg und gebraucht
Kleider aus zweiter Hand, Logo aus zweiter Hand.
Herzlich, aber nicht herzig
Mental stark, optisch schwach.
Exotik, die Klasse hat
Exotisches Angebot, exotisches Logo.
Der visuelle Niedergang der Basler Zeitung
Die Meldung ist vor ein paar Wochen raus: Die Basler Zeitung (BaZ) lagert ihre Layout-Abteilung aus – ins 200 Kilometer entfernte Chur, zu der Südostschweiz-Mediengruppe. Derweil man sich hinter den Kulissen noch streitet, ob es sich hier um eine Massenentlassung handelt oder nicht, darf man gleichzeitig feststellen, dass der Schritt nur konsequent ist: Gestaltungsfragen spielen nämlich bei der BaZ seit ein paar Jahren sowieso nur noch eine untergeordnete Rolle.
Doch drehen wir zuerst das Rad der Zeit etwas zurück. Es gab gestalterisch glorreiche Zeiten bei der Basler Zeitung: Im Jahr 2008 wurde sie dafür sogar europäisch preisgekrönt und erhielt den Titel «Best Designed Regional Newspaper of Europe». Die Jury kam damals zu folgendem Urteil:
Der Einsatz der Schrift «Helvetica» und die Hausfarbe Rot geben der Basler Zeitung ihr charakteristisches Schweizer Aussehen. Jury-Mitglieder aus Skandinavien, den Niederlanden und Spanien schätzen die Zeitung für ihre klare und prägnante Präsentation. Die Basler Zeitung hat in den letzten Jahren einige Veränderungen durchgemacht, blieb dabei aber immer ihrem sauberen und klaren Layout verpflichtet. Die Zeitung spielt mit vier verschiedenen Farben, die aber nur auf den Bundauftakten verwendet werden. Das klare Layout positioniert die Zeitung als eine ruhige Insel in einem unruhigen Zeitungsmarkt.
Die Basler Zeitung war also einmal so etwas wie der gestalterische Leuchtturm der Regionalzeitungen in der Schweiz. Zu einer Zeit, als bei vielen Regionalzeitungen Gestaltungsfragen nur eine untergeordnete Rolle spielten, setzte die BaZ die Latte gekonnt hoch und zeigte auf, dass mit gutem Willen und Sachverstand auch eine Regionalzeitung optisch anständig daher kommen kann. Typografisch gelang der Zeitung ein kleiner Coup: Der Einsatz von Helvetica als Titelschrift sorgte für einen schnörkellosen optischen Auftritt des Titels. Die Helvetica ist eine Schrift, die es zu Weltruhm gebracht hatte; entwickelt wurde sie von Max Miedinger und Eduard Hoffmann in Münchenstein bei Basel. Hier wurde also einheimisches Schriftschaffen in besonderem Masse gewürdigt.
Von diesem Glanz konnte die Basler Zeitung gerade einmal zwei Jahre zehren. 2010 wurde sie verkauft – und erlebte seither inhaltlich einen deutlichen Rechtsrutsch. Mit Markus Somm hielt ein Chefredaktor Einzug, der schon bald nach dem Antritt eine Layout-Reonvierung durchsetzte und diese so verkündete:
Pünktlich zum 1. Dezember hin wurde das Layout der Basler Zeitung aufgefrischt. Die bisherige Buntheit wurde durch ein klassischeres Bild ersetzt.
Wer am 1. Dezember die Basler Zeitung anschaute, dem schwante nichts gutes: Da wurde aufgeräumt. Elemente, welche der Zeitung ihr preisgekröntes Aussehen verliehen, wurden radikal entfernt. Während man dem Publikum erklärte, dass man mit dem Schritt mehr Tiefgang erreichen und lange und sehr lange Texte ins Blatt rücken wolle, war für Gestalter klar: Ab jetzt regiert nur noch das Wort, die Optik ist zweitrangig geworden. Wie das in der Zeitung aussieht, davon konnte man sich schon bald überzeugen. Es gab Zeitungsseiten, die voll waren mit Text – und das einzige Bild auf der Seite war ein halbseitiges Porträt-Bild des Chefredaktors. Mit modernen Ansätzen im Zeitungsdesign hatte das nicht mehr viel zu tun.
Wenn man in dieser Zeit Mitarbeiter der Gestaltungsabteilung traf, so war dies sehr bemerkenswert. Es herrschte nackte Panik! Man gab den Gestaltern zu verstehen, dass ihre Rolle künftig nur noch Handlangerstatus hat. Die Expertise des Fachpersonals war intern nicht mehr gefragt. Während eine gute Zeitung davon lebt, dass Gestaltungsabteilung und Redaktion Hand in Hand arbeiten, wurde dieses Prinzip bei der BaZ ab sofort abgeschafft. Die Abteilung wurde gar angewiesen, die grösseren Schweizer Zeitungen abzutelefonieren und nachzufragen, wie man dort in Sachen Layout organisiert sei; man suche bei der BaZ nach effizienteren Wegen für die Erstellung der Layouts. Telefonate, die für diese Fachleute sehr entwürdigend gewesen sein müssen.
Schaut man die BaZ heute an, so ist sie weit entfernt von einem stilprägenden Medium. Nach wie vor regieren Textwüsten. Die Titelhierarchie ist durcheinander geraten. Es gibt Seiten, die in der Zusammensetzung des Layouts beliebig wirken. Bildschwerpunkte sucht man oft vergebens, eine einheitliche Bildsprache scheint es nicht mehr zu geben. Der Typografie wird nicht mehr allzuviel Sorge getragen. Die Zeitung wirkt wie ein Relikt: Man sieht, dass die BaZ visuell einmal grosse Zeiten hatte, aber inzwischen sind davon nur noch Fragmente übriggeblieben. Lesefreundlichkeit sieht anders aus.
Dabei kann man nicht einmal den verbliebenen Mitarbeitern in der Gestaltung einen Vorwurf machen. Sie wollen es eigentlich gut machen, werden aber intern oft ignoriert; kein Wunder, wenn sich da irgendwann Resignation breit macht. Erst recht, wenn jetzt ein Kahlschlag umgesetzt wird. So wie es aussieht wird in Basel nur noch ein Rumpfteam verbleiben und der Rest dann bei der Südostschweiz in Chur erledigt. Es ist auch nicht gerade ein Trost, wenn betroffenen Mitarbeitern allenfalls ein Ersatzjob in Chur angeboten wird, wie die BaZ verlauten liess. Wer will schon täglich 400 Kilometer pendeln.
Eine Zeitung ist dann am besten gemacht, wenn möglichst viel in der Redaktion vor Ort realisiert werden kann. Erfahrungsgemäss hat das Outsourcing im Layoutbereich noch selten dazu geführt, dass ein Titel dann besser ausssieht. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wieviele Telefonate und E‑Mails da in der Tagesproduktion hin- und hergeschoben werden müssen; ob das dann effizienter ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber um optische Brillanz geht es bei diesem Projekt ja längst nicht mehr, sondern um das lieblose und rationelle Abwickeln eines produktionellen Vorgangs. Auf der Strecke bleiben die Leidenschaft und die Kreativität. Und – die Zahlen zeigen es bei der BaZ schon längst – die Leser. Schade drum.
Kurlige Kunden
Wenn man es mit externer Kundschaft zu tun hat, wird es manchmal schwierig. So wie dieses Ping-Pong-Spiel, dass sich kürzlich irgendwo in der Schweiz zugetragen hat. Aus Diskretionsgründen wurden alle Protagonisten anonymisiert. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
Ausgangslage: Es geht um die Gestaltung einer Cover-Seite für eine Beilage. Sämtliche Korrespondenz wurde per E‑Mail geführt.
Kunde: Grüezi. Anbei senden wir ihnen unser favorisiertes Bild für die Titelseite. Bitte senden sie uns das fertige Cover umgehend zur Abnahme zu.
Gestalter: Sehr geehrter Kunde. Leider eignet sich Ihr Bild nicht für die Titelseite. Erstens hat es keinen Freiraum, wo wir Titel und Unterzeile platzieren können. Zweitens ist das Bild leider sehr nichtssagend und entspricht auch nicht unserer Bildsprache. Ich habe mir darum erlaubt, ein geeignetes Bild zu recherchieren. Den Vorschlag erhalten Sie anbei.
Kunde: Ihr Vorschlag ist uns zu düster und zu farbig. Ausserdem passt er aus unserer Sicht nicht zum Thema der Beilage. Wir haben uns etwas vorgestellt, das den Inhalt schön wiederspiegelt. Wichtig ist uns zudem, dass folgende Aspekte berücksichtigt werden: Aspekt A, Aspekt B, Aspekt C und Aspekt D. Wenn Sie also ein Bild hätten, dass all diese Aspekte einlöst, wäre das super. Wir haben auch nochmals ein paar Bilder gesucht, diese finden Sie anbei.
Gestalter: Leider ist es sehr schwierig, Bilder zu finden, die alle Ihre gewünschten Aspekte beinhalten. Für ein Titelbild sollte man sich auf eine Kernaussage beschränken, damit das Cover gut wirkt. Ich habe nochmals recherchiert und sende Ihnen drei weitere Vorschläge, die meines Erachtens gut auf die Thematik eingehen. Die von Ihnen gesandten Bilder eignen sich leider nicht, da es Querformat-Bilder sind, wir aber auf dem Cover nur ein Bild im Hochformat verwenden können. Ausserdem Fehlen auf Ihren Bildern Menschen; da wir aber auch einen emotionalen Zugang zum Thema schaffen wollen, braucht es Menschen auf dem Titelbild.
Kunde: Besten Dank für Ihre Vorschläge. Das stimmt nicht schlecht von der Richtung her; allerdings fehlt uns hier etwas die Farbe. Wir haben darum auch nochmals nachgeschaut und senden Ihnen weitere Bilder, die uns sehr gut gefallen.
Gestalter: Leider fehlen auf Ihren Bildern wiederum Menschen. Zudem fehlt auch hier der Freiruam für die Titelzeile. Ich habe darum den Bildanteil kleiner gemacht und den Titel nun ausserhalb des Bildes gesetzt. Dadurch haben wir kein Hochformat mehr, sondern ein quadratisches Bild. Ihre Bilder funktionieren dann leider nicht mehr.
Kunde: Das ist schade, dass der Titel nicht mehr im Bild ist. Was halten Sie eigentlich von diesen drei neuen Bildern in der Beilage? Wir haben uns ausserdem intern besprochen; es wäre für uns auch okay, wenn das Bild nur den Aspekt A zeigt, auf die übrigen Aspekte kann man verzichten. Vielleicht könnten sie nochmals diesbezüglich in Ihrer Bilddatenbank nachschauen.
Gestalter: Ich habe wie gewünscht entsprechende Bilder gesucht und zudem erneut Varianten mit Ihren Bildern gemacht, die sich aber leider weiterhin nicht eigenen, um die Typografie unterzubringen. Sie haben inzwischen in den letzten zwei Tagen 25 Vorschäge von uns erhalten und wir wären froh, wenn wir auf die Ziellinie einschwenken könnten. Wir gehen morgen Nachmittag in den Druck, müssen also das Cover bis am Mittag fertig haben.
Kunde: Herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung. Wir möchten nochmals alle Vorschläge durchsehen und melden uns morgen bis um 9 Uhr bei Ihnen.
Am Folgetag, um 10 Uhr:
Kunde: Bitte verzeihen Sie, dass wir uns erst jetzt melden, die Diskussion hat länger gedauert als angenommen. Wir haben uns für Ihren allerersten Vorschlag entschieden mit der leicht düsteren Farbe. Könnten Sie uns bitte das finale Cover umgehend zukommen lassen, damit wir alles nochmals einer Schlussprüfung unterziehen können. Herzlichen Dank für die unkomplizierte Zusammenarbeit.
Kreativität ist 20 Stutz wert
Jetzt sind sie da: Heute wurde die neue 20er-Note vorgestellt, die von der Schweizerischen Nationalbank ab dem 17. Mai in Umlauf gegeben wird. Eine Designkritik soll das hier nicht werden, getreu dem Motto, man soll nur an Dingen herummäkeln, die man auch selber in Händen halten kann. Die Meinung des Publikums auf den sozialen Medien ist erfahrungsgemäss geteilt. Das ist aber auch egal; bei einem Mega-Projekt wie Banknoten kann man nicht jeden Einwohner dieses Landes fragen, ob das Design dem individuellen Geschmack entspricht. Ausserdem hat die Designerin der Banknoten, die Luzernerin Manuela Pfrunder, jahrelang an dem Projekt gearbeitet; für die 50er-Note etwa benötigte sie elf Jahre.
Banknotendesign ist folglich die Nische der Nische der Nische, wenn man bedenkt, dass so alle 20 Jahre mal ein Grafiker in diesem Land zu so einem Job kommt. Auch an Komplexität dürfte der Auftrag wohl kaum zu überbieten sein, müssen doch gestalterische Fragen immer wieder mit Sicherheitsanforderungen in Einklang gebracht werden. Wie so eine Diskussion mit den Auftraggebern abläuft, möchte ich mir lieber nicht vorstellen.
Doch kommen wirzu einem anderen Aspekt der 20er-Note: Sie ist dem Thema «Kreativität» gewidmet, das wiederum mit dem «Hauptelement Licht» illustriert werden soll. Mit anderen Worten: Die Kreativbranche hat jetzt ein kleines Denkmal in Form einer Banknote bekommen. Dass man dafür ausgerechnet die 20er-Note und nicht etwa die 1000er-Note genommen hat, scheint fast etwas ironisch zu sein, wenn man weiss, wie unterbezahlt viele Kreativschaffende sind. Hoffen wir, dass dies bei potenziellen Auftraggebern nicht falsche Erwartungen auslöst, so nach dem Motto «Ich geb dir 20 Stutz und du machst mir ein schönes Logo dafür». Da müsste man dann dem Kunden klar machen, dass er schon ein ganzes 20er-Bündel hinlegen muss. Alternativ werden dann auch die 1000er-Noten gerne akzeptiert, auch wenn man derzeit noch nicht weiss, welchem Motto diese gewidmet sein werden.
Abschliessend noch ein Wort zur verwendeten Typografie auf den Banknoten: Diese entspricht der Hausschrift der Schweizerischen Nationalbank – die Bank verfügt nämlich über eine eigene Schriftart, die nirgends käuflich zu erwerben ist. Sie trägt den Namen «SNB Alphabet» und wurde vom Schweizer Typografen Hans Eduard Meier gestaltet (ebenfalls Erfinder der Basisschrift an Schweizer Schulen, was zur Abschaffung der Schnürlischrift führte). Formal handelt es sich hier um eine adaptierte Version der «Helvetica Condensed» – was nichts mehr als recht ist: Wo Schweiz drauf steht, soll auch Schweiz drin sein.
Die Geschichte der 20er-Note
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Alle Bilder: Website der Schweizerischen Nationalbank